Mittwoch, 25. Juli 2012

Lauf der Dinge



An manchen Abenden bohrte sich in den fragenden Blick der Frau der hölzerne Ton der Besorgnis. Hirngewitter entluden sich. Zitternd fragte ich sie, meine Mutter, nach einer kommenden Liebe. Statt einer Antwort, zog sie einen blutigen Tampon unter dem Kleid hervor. Sie war noch jung. Vor meiner Nase der Tampon drehte mir die Augen, der Geruch nach verschwendetem Leben füllte den Raum, ließ mich an Exzess denken & Ausschweifung. "Warum müssen wir die geheimsten Dinge ans Licht zerren?" fragte ich nach einer Weile meine Mutter. Ihre Antwort drehte mir die Augen. Dinge erübrigten sich. Stattdessen zog ich weiter & fand die Liebe.

An einem grauen Februarmorgen war sie
im Hoheitsgewässer von Marokko
in Form eines schönen jungen Mannes
vor Anker gegangen & ich auch.
Wir paarten uns. (mehrfach)
Wir sponnen das Stroh unseres Lebens zu Gold.
Wir kauften ein Haus am Wegesrand.
Wir stellten einen Kühlschrank hinein.
Wir liebten uns und tun es noch heute.
Wir sind Glück und Trost auf der Welt.

Immer wieder kam die Frau, meine Mutter, zu uns auf Besuch. Immer wieder erzählte sie von GESTERN und wünschte Gutes für MORGEN. Nie wieder zeigte sie den Tampon, doch wusch sie uns die Teller nach dem Essen und überließ uns den schöneren Dingen.
Eines Tages dann, ich muss etwa 30 gewesen sein, wachte ich eines Morgens auf und war selbst meine Mutter. Der Tod einiger Menschen hatte taube Stellen im Körper hinterlassen, ansonsten war ich topfit. War ich also meine Mutter geworden. Ich wusch mich, sorgte mich, verdiente mein Geld.