Dienstag, 6. Oktober 2015

Weißes Ei


                                von Elisabeth R. Hager

Die Sonne stürzt sich einmal noch auf die Straßencafés
Schmiert zartrosa Farbe auf die Mädchenwangen
Ich habe mein Haus verlassen am ersten warmen Tag
Bin gewandert in Richtung des Güterbahnhofs
Jetzt sitz' ich hungrig unterm Pausenbrotbaum
Zu schwach, aufzusammeln, was von der Kindheit herüber weht
Nachbars Weide leiht mir mitleidig ihr Ohr
Verpiss dich!, sag ich, Dann werd' eben Winter!
Bei all der vorgegebenen Nahtlosigkeit
Sammelt sich Wundwasser in meinen Sollbruchstellen


Geborgen 1981
Aus dem Backstagebereich meines Oberstübchens
Rollt von fern etwas heran, Lokomotivgesicht
Noch aber häng' ich in der Warteschleife
Noch aber irr' ich durch die U-Bahnschächte
Mit Blicken entsaftend, was da ist
(Damenbärte, Monstranzen, verkohltes Besteck )
Da seh' ich die eierstockfarbenen Fliederbüsche,
& eine Zwischenbilanz schält sich heraus
Wunderlich, ein weißes Ei